Reden – Lernen – Helfen

Nachricht Laatzen-Mitte, 30. November 2022

Interview mit Ottokar Schulz vom 20. Oktober 2022. Die Fragen für das Kirchenmagazin Zeiten+Zeichen stellte Pastor H. Günter, Kirchenregion Laatzen.

Marktplatz 5 in Laatzen-Mitte

Z+Z: Der „Marktplatz 5“ ist hier in Laatzen und im Kirchenkreis eine feste Größe und vielen ein Begriff. Wie würden Sie das Projekt jemandem beschreiben, der noch nichts davon gehört hat?
Schulz: Im Brennpunkt von Laatzen ‚Down Town‘ bieten wir mit dem Raum im Marktplatz 5 ein niedrigschwelliges Angebot unter dem Leitmotiv „Reden – Lernen – Helfen“, das für ganz verschiedene Menschen offensteht. 
Z+Z: Seit wann gibt es dieses Angebot und seit wann sind Sie mit an Bord als Koordinator und Geschäftsführer?
Schulz: Manchem ist der Ort noch als CVJM-Teestube bekannt. Ich wollte, dass die Arbeit hier weitergeht, habe mich im Kirchenkreisvorstand seinerzeit auch dafür stark gemacht und wurde vom damaligen Superintendenten Brandes angesprochen: „Dann mach Du das doch!“ Das war im Jahr 2018. Zunächst mussten Verträge mit der Deutsche Wohnen SE verhandelt werden, 2019 kam der Mietvertrag zustande, der auch die Nutzungsbedingungen regelt. Ende 2019 konnten wir mit der Arbeit beginnen, und dann kam Corona! 
Z+Z: Was findet hier statt und für wer trifft sich hier?
Schulz: Menschen mit Migrationsgeschichte kennen den Ort und den Treffpunkt. Beratungsangebote sind hier schon länger etabliert; zu den Öffnungszeiten der Geschäfte im Leine-Center und hier auf dem ‚heißesten Pflaster‘ von Laatzen-Mitte. Viele Menschen, die den Treffpunkt noch als „Teestube“ des CVLM kannten, erinnern sich positiv an die diakonischen Angebote. Das haben wir ausgebaut und auf andere Personenkreise erweitert. Unter den coronabedingten Einschränkungen, unter denen ja vor allem auch Kinder und Jugendliche zu leiden hatten, haben wir den Marktplatz 5 zum Lernraum mit stabilem Internet gemacht. In Kleingruppen oder betreut durch Ehrenamtliche konnten Schülerinnen und Schüler hier einen außerschulischen Lernort finden, der Ruhe und konzentriertes Arbeiten ermöglicht und individuelle Hilfe vermittelt hat. Nach wir vor bieten wir hier an drei Nachmittagen in der Woche eine Art Vorschule an, die Kinder auf den Schulbesuch vorbereitet. Die Mehrzahl der Kinder kommt aus Familien mit Migrationsgeschichte. Auch das Repair-Café, die Jugendberufsagentur, die Teestunde für Erwachsene und weitere Treffen finden hier statt. Der Belegungsplan ist in der Regel gut gefüllt. 
Z+Z: Und Sie sorgen dafür, dass der Laden läuft? 
Schulz: Trägerin des Marktplatz 5 ist die Evangelisch-lutherische Thomas-Kirchengemeinde für die Gemeinden in Laatzen. Zu den finanziellen Unterstützer*innen zählen der Kirchenkreis Laatzen-Springe, die Stadt Laatzen und die Eigentümerin des Gebäudes LEG. Zur Organisation des Betriebs trifft sich die Steuerungsgruppe mit Vertreter*innen der Kooperationspartner*innen alle zwei Monate, die Nutzer*innen drei- bis viermal im Jahr. Mit den hauptberuflich Mitarbeitenden für Reinigung und Technik sowie ggf. den Aushilfen bei Urlaub und Krankheit treffen wir uns wöchentlich. 
Z+Z: Aber bei Ihnen laufen die Fäden zusammen?
Schulz: Ja, das ist eine Aufgabe, die mir große Freude macht. 
Z+Z: Und was ist Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Arbeit besonders wichtig? 
Schulz: Mir ist wichtig, dass sich die evangelische Kirche im Sozialraum Laatzen-Mitte positioniert und Profil gewinnen kann. Und dass wir das bieten, was der Slogan „Reden – Lernen – Helfen“ verspricht. Und ich glaube, wir kommen da ganz gut hin! Wir sind Ermöglicher für den Raum, dafür, dass es den Raum als niedrigschwelliges Begegnungsangebot gibt, und dass er wirklich offen und öffentlich ist. Und ich bin immer mit Begeisterung dabei, Neues auszuprobieren und Menschen kennenzulernen. Unsere neueste Entdeckung beim Vorleseprojekt des Diakonischen Werkes war, dass in anderen Kulturkreisen wie zum Beispiel dem der arabisch/kurdischen Welt, nicht aus Büchern vorgelesen wird, sondern man erzählt Geschichten…
Z+Z: Ich danke Ihnen, dass Sie mir vom Marktplatz 5 erzählt haben, und wünsche Ihnen weiterhin viel Freude und Schaffenskraft an diesem ganz besonderen kirchlichen Ort. 


Zur Person:
Ottokar Schulz, geb. 1954 in Göttingen, bezeichnet sich selbst gern als „Kind“ der Evangelischen Jugend Göttingen. Nach dem Abitur studierte er Politik/Sozialkunde und Physik auf Lehramt, blieb der Jugendarbeit aber treu verbunden und setzte sich für die Jugendpolitik auf Landes- sowie auf Bundesebene ein und trat die Stelle eines Referenten für den deutsch-französischen Jugendaustausch der Evangelischen Jugend in Deutschland an. Er wurde Jugendreferent für internationale Jugendarbeit und Ökumene in der Bundesgeschäftsstelle in Stuttgart, die 1994 nach Hannover umzog. Seit 2006 war Ottokar Schulz Geschäftsführer der Evangelischen Jugend in Deutschland. Unter der Fragestellung: „Sind wir die Getriebenen, oder treiben wir?“, war es ihm stets ein besonderer Anreiz, sich produktiv und proaktiv mit sich verändernden politischen und strukturellen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen. Als seine „letzte Baustelle“ vor seinem Eintritt in den Ruhestand 2018 bezeichnet Ottokar Schulz das Reformationsjubiläum 2017, wo er für den Erlebnisraum Jugend im Rahmen der Weltausstellung in Wittenberg als Geschäftsführer verantwortlich war. Seit ca. 20 Jahren gehört Ottokar Schulz dem Kirchenkreisvorstand an und wirkt so in der Leitung des Kirchenkreises mit. 
 

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